Freitag, 22. August 2008

Göttinger Gruppe: Klagen abgewiesen

Am Donnerstag hat das Landgericht Göttingen die ersten sechs Schadenersatzklagen von geprellten Anlegern i.S. Securenta AG, Tochter und Herzstück der Göttinger Gruppe, abgewiesen.


Die Klagen gegen einen ehemaligen Vorstand der Gesellschaft seien nicht konkret genug für eine Verurteilung, sagte eine Sprecherin des Gerichts.


Kritiker monieren, die Klagen hätten von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt, die Anwälte hätten über Gebühren nur noch einmal Kasse mit den Anlegern machen wollen.


Ein Zeitungsartikel hat geprellte Anleger verwirrt. Darin wurde einer Anwaltskanzlei vorgeworfen, zu Lasten ihrer Mandanten Gebühren zu schinden.


Werfe ich schlechtem Geld gutes hinterher? Das fragen sich viele geprellte Anleger, wenn sie überlegen, mit Hilfe eines Anwalts die Verantwortlichen auf Schadensersatz zu verklagen. Kein Wunder, dass Anleger der Göttinger Gruppe von einer Meldung in einer Göttinger Tageszeitung aufgeschreckt wurden. Anwälten wurde darin vorgeworfen, sie würden in Sachen Göttinger Gruppe Gebühren schinden.


Was war passiert?


Anwälte der Kanzlei Müller Boon Dersch aus Jena haben beim Landgericht Göttingen rund 1500 Haftungsklagen gegen zwei ehemalige Manager der Göttinger eingereicht. Mit den so genannten Durchgriffsklagen wollen die Anwälte erreichen, dass die beiden ehemaligen Mitglieder der Unternehmensführung mit ihrem privaten Vermögen für die entstandenen Schäden haften.


In einer mündlichen Verhandlung für acht der Verfahren am 7. August 2008 stellten die Jenaer Anwälte aber keinen Antrag im Namen ihrer Mandanten. Dadurch führten die Anwälte bewusst herbei, dass die Klage von dem verhandelnden Richter als unbegründet abgewiesen wurde. Juristen nennen diese Taktik "Flucht in die Säumnis". Die Anwälte können jetzt Einspruch gegen die Säumnisurteile einlegen und dann findet ein neuer Verhandlungstermin statt.


Den Juristen wurde vorgeworfen, mit diesem Verhalten doppelt kassieren zu wollen – zunächst Gebühren für die erste Verhandlung am 7. August und dann ein zweites Mal für den neu anberaumten Verhandlungstermin.


Die Anwälte wehren sich entschieden gegen diesen Vorwurf. Das Vorgehen sei aus taktischen Gründen gewählt worden, weil der Richter eine beantragte Fristverlängerung abgelehnt habe, sagt Ralf Böhm von der Jenaer Kanzlei: "Wir verdienen damit kein Geld."


Klaus-Dieter Mack, Rechtsexperte, will zwar das Verhalten der Anwälte in dem konkreten Fall nicht kommentieren, bestätigt aber indirekt deren Erklärung. Ganz allgemein gelte: "Die Flucht in die Säumnis ist meist eine taktische Maßnahme, um Zeit zu gewinnen. Rechtsanwälten entsteht so kein finanzieller Vorteil, weil sie dafür keine Gebühren berechnen können, es sei denn, sie treffen Sonderabsprachen mit Mandanten." Anwälte, so der Experte, wenden die Flucht in die Säumnis meist an, wenn sie in der Verhandlung unvorbereitet mit neuen Erkenntnissen konfrontiert werden.


Die vor dem Landgericht Göttingen verhandelten Klagen richteten sich gegen Erwin Zacharias und Bodo Steffens. Erwin Zacharias gehört zu den Gründern der Göttinger Gruppe und saß zuletzt im Aufsichtsrat des betrügerischen Finanzkonzerns. Zacharias war nach dem Zusammenbruch der Göttinger Gruppe wegen Steuerhinterziehung gesucht und zunächst verschwunden, wurde aber im Juli 2007 auf der Flucht am Amsterdamer Flughafen Schiphol von der dortigen Polizei gefasst und den deutschen Behörden übergeben. Er war auf dem Weg nach Kanada.


"Der Insolvenzverwalter hat eindringlich davor gewarnt, juristisch gegen die ehemaligen Vorstände vorzugehen - die haben sich bereits vor Jahren aus der persönlichen Haftung begeben", sagt Volker Pietsch, Chef des Deutschen Instituts für Anlegerschutz.
"Anwälte, die trotzdem klagen, müssen sich nicht wundern, wenn ihnen vorgeworfen wird, dass sie nicht die Interessen der Anleger im Blick haben, sondern ihr eigenes wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht."


Der Bundesverband verbraucherorientierter Wirtschaftsberatungs-unternehmen - procon e.V. warnt bereits seit 1996 vor den Angeboten der Göttinger Gruppe - fast ebensolange aber auch vor sog. "Anlageanwälten", wie z.B. dem Grünwalter Winkeladvokaten Martin Arendts, die sich in solchen Fällen leider immer wieder als "Leichenfledderer" erwiesen haben, die ihren bereits einmal betrogenen Mandanten nochmals Geld für völlig sinnlose Prozesse abknöpfen.


Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout

Klaus J. P.-Kilfitt

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www.klaus-kilfitt.blogspot.de

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