Der gestrige Montag war ein schwarzer Tag für die Börse: Nachdem am
Wochenende mit der Pleite bzw. Übernahme zwei der weltweit größten
Investmentbanken und der gravierenden Schieflage eines der weltgrößten
Versicherers gleich drei Hiobsbotschaften den Finanzsektor
erschütterten, gingen die Aktienmärkte zu Handelsbeginn rund um den
Globus auf Talfahrt: In London, Zürich, Madrid und Mailand knickten die
Aktienindizes um über vier Prozent ein, während der Pariser Leitindex CAC40 sogar über fünf Prozent verlor. Auch das deutsche Leitbarometer blieb von dem Abwärtstrend nicht verschont. Der DAX
büßte rund vier Prozent ein und notierte mit 5.858 Zählern zum ersten
Mal seit Oktober 2006 wieder unter 6.000 Punkten und damit auf dem
tiefsten Stand seit zwei Jahren. Der Stoxx50 sackte um 4,9 Prozent auf 2.719 Punkte ab.
Finanzwerte unter Druck
Vor allem die Finanzwerte standen unter Druck, nachdem Lehman Brothers
am Montagmorgen an der Wall Street Gläubigerschutz beantragt hatte. In
Frankfurt brachen daraufhin die Aktien der viertgrößte US-Investmentbank
um über 88 Prozent auf rund 28 Euro-Cent ein. Und auch die Papiere der Bank of America (BoA) verloren fast zwölf Prozent, nachdem die Bank die Übernahme der ebenfalls konkursbedrohten Bank Merrill Lynch verkündet hatte.
Ordentlich Federn lassen musste auch der größte US-Versicherer AIG, nachdem dieser die us-amerikanische Notenbank Fed
am Wochenende um eine kurzfristige Finanzspritze gebeten hatte. Bereits
im vorbörslichen Handel brach die AIG-Aktie an der New Yorker Börse um
34 Prozent ein. Nach Eröffnung stürzte der Aktienkurs dann um weitere 45
Prozent ab. Immerhin hatten sich dort in den letzten drei Quartalen die
Abschreibungen unterm Strich auf über 18 Milliarden Dollar summierten.
Notenbanken pumpen Milliardensummen in Geldmarkt
In einer ersten Reaktion auf den Zusammenbruch der bedeutenden
Geldhäuser und einer sich immer stärker abzeichnenden Krise auf dem
Finanzsektor haben Notenbanken weltweit Milliardensummen in den
Geldmarkt gepumpt, um ein Funktionieren des Geldmarktes zu
gewährleisten. So pumpte am Montag z.B. allein die britische Notenbank
fünf Milliarden Pfund in den Markt und auch die schweizerische Notenbank
stellte Geld zur Verfügung, während die Fed bereits am Sonntag
ankündigte, zum ersten Mal in ihrer 90-jährigen Geschichte Aktien als
Sicherheiten für Zentralbankgeld anzunehmen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) stand dem in nichts
nach und stellte am Montag zusätzliche 30 Milliarden Euro bereit, um den
Bedarf der Banken an Bargeld zu decken. Auch hier überstieg die
Nachfrage das Angebot deutlich: Insgesamt wurden Anträge über mehr als
90 Milliarden Euro eingereicht, wie Reuters berichtet. Doch damit nicht
genug: Heute teilte die EZB mit, dass sie dem Geldmarkt erneut
zusätzliche 70 Milliarden Euro Liquidität zur Verfügung stellen will –
während der Bedarf bereits auf weitere 102 Milliarden Euro angewachsen
ist, wie die Frankfurter Währungshüter am Dienstag mitteilten.
Obwohl die Finanzkrise bereits seit über einem Jahr Thema ist, hat sie ihren Zenith noch nicht erreicht, meint Hyun Song Shin, Professor der Ökonomie an der Princeton Universität.
Was ihren Status Quo angeht, zeichnete er am Rande des jährlichen,
2-tägigen Ökonomie-Seminars, das die Fed in Wyoming veranstaltete, ein
düsteres Bild, wie der zum Wall Street Journal gehörende
Nachrichtendienst MarketWatch berichtet. Shin zufolge
sei die Finanzkrise dabei, eine neue Ebene zu erreichen, an deren Ende
voraussichtlich Kreditverluste in Höhe von über einer Billion US-Dollar
stünden. Dies wäre eine Verdoppelung des aktuellen Standes, wo sich die
Verluste auf rund 500 Milliarden Dollar summieren.
Hintergrund für das düstere Szenario ist Shin zufolge die Tatsache, dass
die Krise mittlerweile auf die Realwirtschaft übergesprungen sei und
sich damit auch auf Kreditkarten, Konsumenten und Geschäftsschulden
ausgeweitet habe. In der Summe würden diese mit den durch Hypotheken
erzielten Verluste mindestens gleichziehen, oder diese sogar noch
übertreffen. „Wir sind im Hinblick auf die Krise wahrscheinlich auf halber Strecke“,
sagte Shin gegenüber MarketWatch. Nachdem man die erste Phase
durchlaufen habe, befände man sich gegenwärtig in der zweiten. „Die
eigentliche Crux ist, inwieweit das Prime-Hypothekensegment betroffen
sein wird. Und das hängt davon ab, wie weit die Hauspreise noch fallen“, so der Professor.
Mit seiner düsteren Prognose schätzt Shin die Lage ähnlich ein, wie der Internationale Währungsfonds
(IWF), der die Summe der durch die Finanzkrise eingefahrenen Verluste
vor einiger Zeit auf 945 Milliarden Dollar bezifferte, was Shin zufolge
eine realistische Hausnummer sei, wenngleich wahrscheinlich noch auf zu
niedriger Ebene angesetzt.
Flucht aus Aktienfonds
Infolge der Turbulenzen an den Weltmärken leiden Aktienfonds
derzeit unter deutlichen Mittelabflüssen. Dies drückt die Stimmung an
den Börsen noch weiter – eine gefährliche Spirale!
Das Interesse und Vertrauen privater Anleger an und in Aktien schwindet
mehr und mehr. Das illustrieren der jüngste Stimmungsindex der
Commerzbank-Investmentgesellschaft Cominvest sowie die aktuellen Netto-Rückgaben von Fonds durch Privatanleger.
Zum Stimmungsbild passen auch die Netto-Rückgaben von Aktienfonds durch
private und institutionelle Anleger. Die Investoren zogen laut
Fondsverband BVI allein im letzten Monat aus Publikums-Aktienfonds knapp 3,7 Mrd. Euro an Kapital ab.
Auch der gesamte Publikumsfondsabsatz lag mit einem Minus von 5,6 Mrd.
Euro weit in den roten Zahlen. Dieses Niveau ist zuletzt vor vier Jahren
erreicht worden. Einen maßgeblichen Beitrag zur schlechten Bilanz
lieferten neben den Zahlen aus dem Aktienbereich auch die Abzüge aus
Renten- und Geldmarktfonds in Höhe von 2,0 bzw. 2,4 Mrd. Euro.
Der Abfluss dieser Summen ging jedoch keineswegs in den Konsum. Ganz im
Gegenteil: Die Deutschen haben zuletzt wegen der schlechten Beurteilung
der wirtschaftlichen Rahmendaten sowie der Unsicherheit über ihr
persönliche Zukunft ihre Sparquote deutlich erhöht. Investiert wurde
indes in als sicher geltende Anlagen.
Krise in der Politik angekommen
Selbst in der Politik, deren Protagonisten die Gefahr lange
Zeit herunterspielten und die Situation schön zu reden versuchten, ist
die massive Problematik offenbar zwischenzeitlich angekommen.
Finanzminister Peer Steinbrück bezeichnete die gegenwärtige Krise im Bundestag als die “weltweit schwerste seit Jahrzehnten“: “Was
wir auf den Finanzmärkten erleben, ist atemberaubend und zerstört bei
vielen Menschen den Glauben in die Integrität und Stabilität des
Finanzsektors.” Dass die Finanzmarktkrise Auswirkungen auf die Realwirtschaft habe, sei “ebenso klar“.
Der Bundesverband procon e.V. warnt bereits seit dem
Herbst letzten Jahres vor den Gefahren im Zusammenhang mit der
US-Immobilienkrise und ihren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.
Seitdem haben sowohl der deutsche Aktienindex DAX als auch der internationale Leitindex MSCI World über 25% ihres Wertes eingebüßt.
Insbesondere stark in Aktienfonds investierte Anleger sollten daher ihr
Portfolio im Hinblick auf evtl. sinnvolle Umschichtungen dringend auf
den Prüfstand stellen und dabei erfahrene Experten zu Rate ziehen.
Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout
Klaus Kilfitt
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