Sonntag, 1. April 2007

Gesundheitsreform tritt in Kraft

Was sich für Krankenversicherte ändert.


Die erste Stufe der umstrittenen Gesundheitsreform ist in Kraft getreten. Auch wenn zentrale Elemente wie der Gesundheitsfonds erst 2009 starten, haben sich ab heute zahlreiche Regeln für die Versicherten geändert zu. Ein Überblick über die Neuerungen.


Gesetzlich Versicherte

Ausgeweitet werden die Leistungen der gesetzlichen Kassen bei Impfungen, Eltern-Kind-Kuren, Reha-Behandlungen für alte Menschen und bei der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender in den eigenen vier Wänden. Wer Vorsorgeuntersuchungen versäumt und später schwer krank wird, muss mehr zuzahlen. Die Behandlung von Komplikationen nach Piercings wird nicht mehr bezahlt. Kliniken werden für ambulante Behandlungen geöffnet.


Neue Tarife

Die gesetzlich Versicherten können bei ihren Kassen zwischen neuen Tarifmodellen wählen. Hierzu zählen etwa Selbstbehalttarife. Das Kassenmitglied verpflichtet sich dabei, einen Teil der Kosten selbst zu übernehmen (etwa die ersten 1000 Euro im Krankheitsfall). Gleichzeitig erhält der Versicherte eine Prämie von seiner Kasse (zum Beispiel 400 Euro). Hat er geringe Krankheitskosten, rentiert sich dies für ihn.


Ebenso soll es Tarife geben, bei denen die Versicherten bei Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen einen Teil ihrer Beiträge zurückerhalten. Andere beinhalten die Übernahme von Kosten, die die Kasse sonst nicht tragen würde - etwa für besondere Therapien oder Arzneimittel (wie Homöopathie). Darüber hinaus muss jede Kasse Tarife für die Teilnahme der Versicherten an bestimmten Chroniker-Programmen anbieten. Wenn ein Diabetiker an einem Spezialprogramm teilnimmt, soll er durch eine Prämie belohnt werden. Auch Hausarzttarife müssen künftig von allen Kassen angeboten werden. An alle freiwilligen Tarife der Kassen ist der Versicherte mindestens drei Jahre gebunden.


Beitragssätze der gesetzlichen Kassen

Zu Jahresbeginn stiegen die Sätze im Schnitt um etwa 0,6 Punkte. Die Kassen begründeten dies auch mit der Reform - was das Ministerium zurückwies. Wenn 2009 der Gesundheitsfonds startet, gilt bundesweit ein einheitlicher Beitragssatz, den der Bund festlegt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ein, Kassen erhalten für jeden Versicherten einen einheitlichen Betrag. Kassen mit vielen Kranken bekommen zudem Geld von anderen Kassen. Reicht einer Kasse das Geld nicht, kann sie einen begrenzten Zusatzbeitrag von ihren Versicherten fordern. Wenn eine Kasse Zusatzbeiträge erhebt, ist ein Kassenwechsel erlaubt.


Privatversicherte

Vom 1. Januar 2009 an müssen die Privatkassen einen Basistarif anbieten, der im Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entspricht. Wer arm ist, muss weniger zahlen. Bestandskunden können 2009 nur innerhalb von sechs Monaten in den Basistarif auch anderer Privatkassen wechseln und ihre Altersrückstellungen mitnehmen. Ausnahmen gibt es für über 55-Jährige und Bedürftige. Weil der Basistarif nach Ansicht der Privatkassen nicht Kosten deckend ist, warnen diese vor Beitragserhöhungen für Bestandskunden. Für Gutverdiener wird ein Wechsel aus der GKV in die PKV erschwert: Das Einkommen muss dafür künftig drei Jahre lang über der Pflichtversicherungsgrenze (derzeit 3975 Euro pro Monat) liegen.


Nichtversicherte


Künftig gilt eine Pflicht zur Versicherung: Die rund 200 000 bis 300 000 Nichtversicherten müssen also Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse werden - und müssen von diesen aufgenommen werden. Ehemals gesetzlich Versicherte müssen von den Kassen bereits vom 1. April an wieder aufgenommen werden. Ehemals Privatversicherte ohne Schutz muss die PKV vom 1. Juli an im so genannten Standardtarif aufnehmen - ohne Gesundheitsprüfung und Risikozuschläge. Eine bestehende Versicherung kann man nur noch dann kündigen, wenn man eine neue Police nachweisen kann. Wer die Versicherungspflicht ignoriert oder fällige Beiträge nicht bezahlt, wird nur zu ähnlichen Bedingungen medizinisch behandelt wie Asylbewerber. Zudem müssen offene Beiträge (samt Strafzuschlägen) nachträglich bezahlt werden.


Apotheken/Medikamente

Der Rabatt, den Apotheker den Kassen pro Medikament gewähren müssen, steigt von 2,00 auf 2,30 Euro. Vor der Verordnung teurer Medikamente muss ein zweiter Arzt befragt werden. Der Zugang zu innovativen, sehr teuren Arzneimitteln wird gesichert.


Ärzte

2011 kommt eine neue Vergütung mit festen Euro-Preisen. Ärzte in „unterversorgten“ Gebieten bekommen schon vorher Zuschläge.


Krankenkassen

Statt sieben soll es nur noch einen Dachverband für die gesetzlichen Kassen geben. Kassenfusionen werden erleichtert. Bis Ende 2008 müssen sämtliche gesetzliche Kassen entschuldet sein.


Kosten

Das Einsparvolumen liegt 2007 bei 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss für die gesetzlichen Kassen steigt in den kommenden Jahren schrittweise auf 14 Milliarden Euro.


Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout

Klaus J. P.-Kilfitt

www.klaus-kilfitt.de
www.klaus-kilfitt.blogspot.de

procontra© - kritische Informationen für aufgeklärte Verbraucher

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.