Freitag, 10. März 2006

Hedge-Fonds in der Krise

Lion Advisors gibt auf - weitere Schließungen erwartet


Zum ersten Mal seit 2004 Hedge-Fonds in Deutschland zugelassen wurden, wird einer dieser flexiblen, häufig aber äußerst riskanten Anlageinstrumente geschlossen. Das Scheitern der Münchner Firma Lion Advisors zeigt gravierende strukturelle Probleme im deutschen Hedge-Fonds-Markt.


Macht ein Fonds dicht, wittern Anlegerschützer in Deutschland rasch Betrug oder Missmanagement, kurz: einen Skandal. Auch der von der Schließung betroffene Fonds Lions Advisors hat ein spezielles Problem. Er wurde vor knapp sechs Jahren von der HypoVereinsbank (HVB) initiiert. 2003 kauften das Management um Peter Neumayer den Fonds aus der Bank heraus, die HVB blieb aber mit etwa 60 Prozent der Anteile größter Investor. Zeitweilig verwaltete Lion Advisors 275 Millionen Euro.


Skepsis bei den Geldgebern
Laut Neumayer teilte die HVB im November vergangenen Jahres mit, sie werde 125 Millionen Euro aus dem Fonds abziehen. Grund sei eine strategische Neuausrichtung des neuen Eigentümers Unicredit. „Die Ankündigung löste einen Dominoeffekt bei den übrigen zehn institutionellen Investoren aus", sagte Neumayer der Süddeutschen Zeitung. Er gehe davon aus, dass bis Ende März die verbleibenden Investoren – deutsche Versicherungen, Banken und Unternehmen – Geld abziehen und der auf den Bermudas angesiedelte Fonds geschlossen wird. Lion Advisors werde als Beratungsgesellschaft weitergeführt.


Der Lion-Fonds spekulierte auf steigende und fallende Aktienkurse und erwirtschaftete laut Neumayer 2005 eine Rendite von 14,2 Prozent. Das Produkt verschwindet demnach offenbar nicht wegen Erfolgslosigkeit vom Markt, sondern weil der Anbieter Lion zu stark von einem einzigen Investor abhängig war. "Das deutet schon auf ein strukturelles Problem hin", sagte Karin Reinecker von der Hedge-Fonds-Beratungsfirma CAI. „Es ist schwierig, in Deutschland Geld für Hedge-Fonds einzusammeln." Institutionelle Anleger hielten sich mit Investitionen in deutsche Fonds zurück.




[caption id="attachment_204" align="aligncenter" width="303"]Hedge-Fonds implodieren HedgeFonds implodieren[/caption]

Ein Grund liegt in der Anlageverordnung, die deutsche Versicherungen und Pensionsfonds beachten müssen, wenn sie in einzelne Hedge-Fonds investieren. „Die Anforderungen an die Berichtspflicht und die Risikokontrolle sind so hoch, dass der Aufwand für Versicherungen sich häufig nicht lohnt", kritisiert Dirk Söhnholz, der bei der Ratingagentur Feri Trust für das Hedge-Fonds-Geschäft verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass der Versicherer nur in engen Grenzen in Hedge-Fonds investieren dürfen. Meist investieren sie daher in Dachfonds, die wiederum in mehrere einzelne Hedge-Fonds investieren. So verringern sie ihr Risiko.


Konkurrenz durch Aktien
Hedge-Fonds tun sich in Deutschland auch deshalb schwer, weil die Wertentwicklung in den vergangenen Jahren deutlich hinter der in achtziger und neunziger Jahren zurückgeblieben ist. Außerdem erwirtschafteten Aktienfonds seit 2003 wieder attraktive Renditen. Während damit auch Hedge-Fonds in anderen Ländern zu kämpfen haben, ringen die deutschen Anbieter mit einem weiteren Problem: „Die jungen deutschen Einzel-Hedge-Fonds können meist wenig Erfahrung vorweisen", sagt Lars Jäger vom Schweizer Dach-Hedge-Fonds-Anbieter Partners Group. Investoren verlangen von den Anbietern meist eine Erfolgsgeschichte von mehreren Jahren. „Das ist ein Teufelskreis: Es gibt zu wenig bewährte Produkte und deshalb zu wenig Investoren, weshalb es wiederum wenig attraktiv ist, neue Fonds aufzulegen", sagt die Hedge-Fonds-Expertin Reinecker.


Branchenbeobachter rechnen daher mit weiteren Fondsschließungen, vor allem bei Einzelfonds, die sich hauptsächlich an die strengen Auflagen unterworfenen deutsche Investoren richten.


Doch auch Dach-Hedge-Fonds sind gefährdet. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung werden für einen gemeinsamen Dachfonds zweier deutscher Banken inzwischen keine Kundengelder mehr eingeworben. „Der Fonds dürfte bald geschlossen werden", berichtet ein Branchen-Insider. Die Ursache sei, dass die Anbieter bei Auflage des Fonds die Anforderungen der Finanzaufsicht strikter interpretierten als sie letztlich ausgelegt wurden. „Dadurch war der Fonds unattraktiv", sagt der Branchenkenner.

Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout

Klaus J. P.-Kilfitt

www.klaus-kilfitt.de
www.klaus-kilfitt.blogspot.de

procontra© - kritische Informationen für aufgeklärte Verbraucher

Hedge-Fonds in der Krise

Lion Advisors gibt auf – weitere Schließungen erwartet

Zum ersten Mal seit 2004 Hedge-Fonds in Deutschland zugelassen wurden, wird einer dieser flexiblen, häufig aber äußerst riskanten Anlageinstrumente geschlossen. Das Scheitern der Münchner Firma Lion Advisors zeigt gravierende strukturelle Probleme im deutschen Hedge-Fonds-Markt.

Macht ein Fonds dicht, wittern Anlegerschützer in Deutschland rasch Betrug oder Missmanagement, kurz: einen Skandal. Auch der von der Schließung betroffene Fonds Lions Advisors hat ein spezielles Problem. Er wurde vor knapp sechs Jahren von der HypoVereinsbank (HVB) initiiert. 2003 kauften das Management um Peter Neumayer den Fonds aus der Bank heraus, die HVB blieb aber mit etwa 60 Prozent der Anteile größter Investor. Zeitweilig verwaltete Lion Advisors 275 Millionen Euro.

Skepsis bei den Geldgebern
Laut Neumayer teilte die HVB im November vergangenen Jahres mit, sie werde 125 Millionen Euro aus dem Fonds abziehen. Grund sei eine strategische Neuausrichtung des neuen Eigentümers Unicredit. „Die Ankündigung löste einen Dominoeffekt bei den übrigen zehn institutionellen Investoren aus“, sagte Neumayer der Süddeutschen Zeitung. Er gehe davon aus, dass bis Ende März die verbleibenden Investoren – deutsche Versicherungen, Banken und Unternehmen – Geld abziehen und der auf den Bermudas angesiedelte Fonds geschlossen wird. Lion Advisors werde als Beratungsgesellschaft weitergeführt.

Der Lion-Fonds spekulierte auf steigende und fallende Aktienkurse und erwirtschaftete laut Neumayer 2005 eine Rendite von 14,2 Prozent. Das Produkt verschwindet demnach offenbar nicht wegen Erfolgslosigkeit vom Markt, sondern weil der Anbieter Lion zu stark von einem einzigen Investor abhängig war. “Das deutet schon auf ein strukturelles Problem hin“, sagte Karin Reinecker von der Hedge-Fonds-Beratungsfirma CAI. „Es ist schwierig, in Deutschland Geld für Hedge-Fonds einzusammeln.” Institutionelle Anleger hielten sich mit Investitionen in deutsche Fonds zurück.

Hedge-Fonds implodieren

Ein Grund liegt in der Anlageverordnung, die deutsche Versicherungen und Pensionsfonds beachten müssen, wenn sie in einzelne Hedge-Fonds investieren. „Die Anforderungen an die Berichtspflicht und die Risikokontrolle sind so hoch, dass der Aufwand für Versicherungen sich häufig nicht lohnt“, kritisiert Dirk Söhnholz, der bei der Ratingagentur Feri Trust für das Hedge-Fonds-Geschäft verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass der Versicherer nur in engen Grenzen in Hedge-Fonds investieren dürfen. Meist investieren sie daher in Dachfonds, die wiederum in mehrere einzelne Hedge-Fonds investieren. So verringern sie ihr Risiko.

Konkurrenz durch Aktien
Hedge-Fonds tun sich in Deutschland auch deshalb schwer, weil die Wertentwicklung in den vergangenen Jahren deutlich hinter der in achtziger und neunziger Jahren zurückgeblieben ist. Außerdem erwirtschafteten Aktienfonds seit 2003 wieder attraktive Renditen. Während damit auch Hedge-Fonds in anderen Ländern zu kämpfen haben, ringen die deutschen Anbieter mit einem weiteren Problem: „Die jungen deutschen Einzel-Hedge-Fonds können meist wenig Erfahrung vorweisen“, sagt Lars Jäger vom Schweizer Dach-Hedge-Fonds-Anbieter Partners Group. Investoren verlangen von den Anbietern meist eine Erfolgsgeschichte von mehreren Jahren. „Das ist ein Teufelskreis: Es gibt zu wenig bewährte Produkte und deshalb zu wenig Investoren, weshalb es wiederum wenig attraktiv ist, neue Fonds aufzulegen“, sagt die Hedge-Fonds-Expertin Reinecker.

Branchenbeobachter rechnen daher mit weiteren Fondsschließungen, vor allem bei Einzelfonds, die sich hauptsächlich an die strengen Auflagen unterworfenen deutsche Investoren richten.

Doch auch Dach-Hedge-Fonds sind gefährdet. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung werden für einen gemeinsamen Dachfonds zweier deutscher Banken inzwischen keine Kundengelder mehr eingeworben. „Der Fonds dürfte bald geschlossen werden“, berichtet ein Branchen-Insider. Die Ursache sei, dass die Anbieter bei Auflage des Fonds die Anforderungen der Finanzaufsicht strikter interpretierten als sie letztlich ausgelegt wurden. „Dadurch war der Fonds unattraktiv“, sagt der Branchenkenner.

Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout

Klaus J. P.-Kilfitt


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Mittwoch, 8. März 2006

Rente kann Lebensstandard nicht mehr sichern

Das Niveau der gesetzlichen Rente wird in den nächsten Jahrzehnten so stark absacken, daß sie für ein auskömmliches Leben im Alter nicht mehr reicht. Dies stellt der Rentenversicherungsbericht heraus, den Sozialminister Franz Müntefering an diesem Mittwoch in Berlin vorstellte. Nur wer zusätzlich kräftiger spart, als die meisten Menschen es heute tun, wird sich demnach so viel leisten können wie als Berufstätiger.
 
In Zukunft wird der erworbene Lebensstandard nur erhalten bleiben, wenn die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung der privaten Vorsorge genutzt weden, um eine private Vorsorge aufzubauen“, heißt es in dem Bericht.
 
Im Jahr 2008 fehlen 600 Millionen Euro
 
Er stellt nach Modellrechnungen Prognosen für die Entwicklung der Altersvorsorge in Deutschland bis zum Jahr 2019 auf. Demnach soll der Beitrag zur Rentenversicherung im kommenden Jahr von heute 19,5 auf 19,9 Prozent steigen. Dieser Wert soll bis 2012 gehalten werden. Um dies zu leisten, müßte wegen der nach wie vor äußerst dünnen Finanzdecke der Rentenkassen aus heutiger Sicht im Jahr 2008 der Bund 600 Millionen Euro zusätzlich zuschießen. Darüber soll aber erst 2007 entschieden werden. Für das Jahr 2013 wird ein Beitragssatz von 19,6 Prozent angenommen, für die Jahre danach bis 2019 eine Verringerung auf 19,4 Prozent.

Das Rentenniveau vor Steuern wird sich dem Bericht zufolge bereits bis 2009 spürbar verringern. So kann ein Arbeitnehmer, der in diesem Jahr in den Ruhestand geht, noch mit 52,2 Prozent „Sicherungsniveau” rechnen. Der Wert bezieht sich auf die Durchschnittseinkommen nach Abzug der Sozialabgaben aber vor Steuern. Schon 2009 sollen es nur noch 49,9 Prozent sein, 2019 dann 46,3 Prozent. Dies sind Zielwerte, die bereits mit der jüngsten Rentenreform gesetzt wurden. Bis 2030 soll das Niveau demnach nur noch 43 Prozent betragen.

2019 soll Standardrente 1.414 Euro betragen
 
In Modellrechnungen ergibt sich daraus eine Bruttostandardrente von 1.176 Euro für das laufende Jahr. Angesichts geplanter Nullrunden verändert sich der Wert in den Modellrechnungen für 2007 und 2008 nicht und steigt dann auf 1.180 Euro. 2014 soll er mit 1.263 Euro kaum spürbar darüber liegen. Für 2019 ist ein Wert von 1.414 in Aussicht gestellt. Wer heute konsequent privat vorsorgt, kann das Sinken des gesetzlichen Rentenniveaus abfedern.

Müntefering betont in dem Bericht, daß die Rentenprognosen auch deshalb etwas schlechter ausfallen als in früheren Jahresberichten, weil geringere Werte für Wirtschaftswachstum und Lohnentwicklung eingesetzt worden seien. Die Annahmen der rot-grünen Regierung hatten sich regelmäßig als zu optimistisch erwiesen. Müntefering geht nun für die mittlere Variante seiner Modellrechnungen von 2,5 Prozent Lohnzuwachs aus sowie langfristig von 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr.

CDU-Sozialpolitiker: moderate Rentensteigerung möglich
 
Nach Ansicht des CDU-Sozialpolitikers Ralf Brauksiepe könnte es noch in dieser Legislaturperiode wieder eine moderate Rentensteigerung geben. Voraussetzung sei allerdings, daß die wirtschaftliche Entwicklung weiter positiv verlaufe, sagte er der in Hannover erscheinenden „Neue Presse”. Längerfristig werde sich die gesetzliche Rente zu einer beitragsfinanzierten Basissicherung entwickeln. Private Vorsorge sei nötig.

Die Sozialverbände kritisierten die Rentenpolitik. VdK-Präsident Walter Hirrlinger sagte der „Berliner Zeitung”: „Nullrunden werden sich an Nullrunden reihen.” Der Chef der Volkssolidarität, Gunnar Winkler, sagte dem Blatt: „Rentnerinnen und Rentner werden auf längere Sicht von den Früchten wirtschaftlichen Wachstums ausgeschlossen.

Experte: 2034 bei 40 Prozent des Durchschnittsgehalts
 
Nach Berechnungen des Rentenexperten Bernd Raffelhüschen wird das gesetzliche Bruttorentenniveau im Jahr 2035 nur noch knapp oberhalb des Sozialhilfesatzes liegen. „Die Durchschnittsrente im Jahr 2035 wird bei 38 bis 40 Prozent des durchschnittlichen Bruttogehalts liegen“, sagte er der „Rheinischen Post”.

Analog zur „Rente mit 67” für abhängig Beschäftigte forderte Raffelhüschen die „Pension mit 68” für bestimmte Beamtengruppen. „Die Rentenversicherung ist durch die Einführung von verschiedenen Abschlägen nachhaltig finanzierbar“, sagte der Finanzwissenschaftler. Er betonte: „Das gilt nicht für Beamtenpensionen.” Hier liege das größere Problem. Es müsse daher überlegt werden, „ob Beamte in vielen Berufszweigen erst mit 68 Jahren in Ruhestand gehen sollten.”

Sozialbeirat: Renten notfall kürzen
 
Wichtige rentenpolitische Weichenstellungen der großen Koalition sind der schrittweise Einstieg in die Rente mit 67 vom Jahr 2012 an, ein Gesetz gegen aktuelle Rentenkürzungen und die Anhebung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung von 19,5 auf 19,9 Prozent Anfang 2007.

Der Sozialbeirat der Bundesregierung plädiert nach Informationen des „Handelsblatts” dafür, die Renten notfalls auch zu kürzen. Eine vom Kabinett beschlossene Gesetzesänderung, mit der Minusrunden für die Rentner selbst im Fall sinkender Löhne ausgeschlossen werden, werde von dem zwölfköpfigen Gremium unter Leitung des Wirtschaftsweisen Bert Rürup abgelehnt, berichtet die Zeitung in ihrer Mittwochausgabe. Das Vorhaben bedeute eine „Verschärfung der finanziellen Situation” der Rentenkassen und werde sich mittel- und langfristig sogar „negativ” auf das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung auswirken, heiße es in der Stellungnahme des Sozialbeirats zum Rentenversicherungsbericht. Dem Sozialbeirat gehören neben Wissenschaftlern und Arbeitgebervertreter auch vier Gewerkschaftsvertreter an.

Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
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Klaus J. P.-Kilfitt

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