Dienstag, 20. Dezember 2005

Offene Immobilienfonds in der Krise

Die Betreiber offener Immobilienfonds suchen nach den Turbulenzen durch die vorübergehende Schließung des Grundbesitz-Invest der Deutschen Bank nach Auswegen aus der Vertrauenskrise. Das Thema steht bei einer Vorstandssitzung des Dachverbands BVI ganz oben auf der Agenda.

Es wird bei den Gesellschaften schon seit einiger Zeit diskutiert, was man tun kann, um die offenen Immobilienfonds zukunftsfest zu machen“, sagte ein BVI-Sprecher. Dabei werde zeitnah eine enge Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) und der Finanzaufsicht BaFin gesucht.

Die 16 im BVI zusammengeschlossenen Grundstücksfondsgesellschaften haben viel zu verlieren: Sie verwalten knapp 90 Mrd. Euro. Das Geld kommt zum Großteil von vier bis fünf Millionen Kleinsparern, denen der offene Immobilienfonds stets als wertstabile Anlage verkauft wurde. Doch erstmals in der 40-jährigen Geschichte der offenen Fonds hat die Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate am vergangenen Dienstag die Rücknahme von Anteilen vorübergehend ausgesetzt, nachdem sie plötzlich hohen Abschreibungsbedarf im Fonds “Grundbesitz-Invest” ausgemacht hatte.

Erstmals müssen Immobilienfondsanleger fürchten, dass sie Geld verlieren. Der Imageverlust ist immens. Die gesamte Produktlinie steht massiv in der Kritik.

Drei Hauptprobleme

Noch sind die 16 im BVI zusammengeschlossenen Grundstücksfondsgesellschaften uneins, was zu tun ist. “Wir müssen im Wesentlichen drei Probleme anpacken“, sagte der BVI-Sprecher. Um die Mittelflüsse besser steuern zu können, seien seit einiger Zeit erstens die Einführung einer Mindesthaltedauer und zweitens die Begrenzung der Losgrößen in der Diskussion. Ziel ist, dass Fondsgesellschaften nicht mehr unter Druck Immobilien verschleudern müssen, um Anleger zu bedienen. Doch bei den Aufsichtsbehörden und auch in der Fondsbranche gibt es Widerstände gegen solche Zwangsmaßnahmen, die die Handlungsmöglichkeiten der Anleger einschränken.

Haltefristen sehen Rückgabeabschläge vor, wenn Fondsanteile vor Ablauf einer bestimmten Frist zurückgegeben werden. Begrenzte Losgrößen sollen verhindern, dass institutionelle Investoren nicht mehr große Summen kurzfristig in Immobilienfonds parken und diese ebenso plötzlich wieder abziehen können wie in Geldmarktfonds. Das war zum Beispiel beim Deka-Immobilienfonds geschehen, der vergangenes Jahr in eine Liquiditätskrise geraten war.

Das dritte, eigentliche Kernproblem jedoch ist die tendenziell zu hohe Bewertung der Fondsimmobilien durch Gutachterausschüsse, die formal von den Gesellschaften unabhängig sind. Alle vorangegangenen Krisen bei offenen Immobilienfonds wurden durch Abschreibungen ausgelöst, die in der Bürokrise der vergangenen Jahre auf Grund hoher Leerstände unausweichlich wurden: Ende 2003 beim Allianz-Dresdner-Anbieter Degi, Ende 2004 beim Sparkassenanbieter Deka, Anfang dieses Jahres beim Volksbanken-Anbieter Difa und nun bei der HypoVereinsbank-Tochter iii-Investments und DB Real Estate.

Bewertung heftig umstritten

Es ist völlig klar: Beim Thema Bewertung muss dringend etwas geschehen“, sagt der Geschäftsführer einer großen Grundstücksfondsgesellschaft, der sich nicht namentlich zitieren lassen will, denn in der Branche ist das Thema noch umstritten. Manche sehen nur Probleme bei den Bewertungsmethoden. “Die methodische Schwachstelle der deutschen Immobilienbewertung liegt in der Verwendung des Liegenschaftszinses und der nachhaltig erzielbaren Miete“, sagte Helmut Knepel, Geschäftsführer der Feri Rating & Research aus Bad Homburg. Er fordert dynamische Verfahren, die Schwankungen im Markt besser abbilden. “Anleger bekämen ein realistischeres Bild vom jeweiligen Wert ihrer Anlage – sowohl in besseren als auch in schwächeren Marktphasen.”

Marktteilnehmer sprechen hinter vorgehaltener Hand jedoch von ganz anderen Missständen. “Die Unabhängigkeit der Sachverständigenausschüsse ist eine romantische Vorstellung“, sagt ein Brancheninsider. “Bewertungen werden vom Fondsmanagement vorbereitet und dann im Sachverständigenausschuss diskutiert. Wie viel die Gutachter abwerten, wird vorher austariert, damit die Performance nicht zu weit abrutscht. Sachverständigenbewertung wird als Instrument der Performance-Steuerung genutzt.”

Einige Sachverständige seien finanziell abhängig von den offenen Immobilienfonds. “Da arbeiten einige für fünf bis acht Fonds und brüsten sich noch damit. Manche haben den Job sogar von ihren Vätern geerbt“, sagte der Kritiker. In BaFin-Kreisen heißt es, die Reform der Bewertungspraxis müsse bei einer Novellierung des Investmentrechts höchste Priorität haben.

Paketverkäufe und Preisabschläge bei DB Real Estate

Parallel zur Neubewertung der 128 Fondsimmobilien im Grundbesitz-Invest sondieren Investmentbanker der Deutschen Bank zurzeit den Markt für Paketverkäufe. In Londoner Finanzkreisen ist zu hören, dass unter anderen britische, irische und israelische Finanzinvestoren angesprochen werden. Durch Verkäufe von Immobilien soll neue Liquidität in den Fonds kommen.

Fraglich ist, ob die bis Februar erwarteten Abwertungen durch die Gutachter ausreichen werden, um die Gebäude zu Verkehrswerten loszuschlagen. “Die Deutsche Bank lockt mit attraktiven Fremdfinanzierungen“, hieß es in Londoner Investorenkreisen. Inhalt und Umfang der Pakete stünden aber noch nicht fest.

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Klaus J. P.-Kilfitt


Ende des Bankgeheimnisses treibt Kunden ins Ausland

Die seit 1. April in Deutschland erlaubte Kontenabfrage durch Finanzämter und andere Behörden hat nach Angaben von Bankenverbänden zu einer verstärkten Kapitalflucht aus Deutschland geführt.

Nach den Erkenntnissen des Genossenschaftsverband Bayern (GVB) wandern inzwischen nicht mehr nur große Vermögen ab. “Die Kapitalflucht geht quer durch alle soziale Schichten und hat ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Die Folgen des im April 2005 faktisch abgeschafften Bankgeheimnisses sind dramatisch“, sagte der Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern, Stephan Götzl. Auch bei den Sparkassen heißt es, dass mittlerweile von Kunden bereits Sparbüchern mit weniger als 10.000 Euro ins Ausland transferiert würden.

Nach einer Umfrage des GVB sind alleine bei 140 bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken seit Anfang des Jahres Einlagen von etwa 350 Millionen Euro ins benachbarte Ausland abgeflossen. Auch die Sparkassen verzeichneten einen Abfluss in dreistelliger Millionenbereich, sagte Siegfried Naser, Präsident des Sparkassenverbands Bayern.

Betroffen seien dabei vor allem die Institute im Grenzland zu Österreich, heißt es. Eine genaue Statistik über die Kapitalflucht gibt es aber weder bei den bayerischen Sparkassen noch für ganz Deutschland. Auch die privaten Banken klagen über einen Exodus der Kunden. Günther Picker vom Bayerischen Bankenverband verwies auf Schätzungen, nach denen alleine in Österreich deutsches Kapital in Höhe von 50 Milliarden Euro angelegt ist.

Steuerfachanwälte berichten ebenfalls von einer verstärkten Bereitschaft, Geld aus Deutschland abzuziehen. “Die Kapitalflucht hat sich verstärkt. Was wir jetzt sehen, ist aber erst der Anfang, viele werden noch weggehen“, sagte der Bremer Steuerfachanwalt Hanspeter Daragan.

Anleger sind verunsichert

Die Gespräche mit seinen Mandaten zeigten ihm, “dass zahlreiche Bürger sich einfach nicht in die Karten schauen lassen wollen, unabhängig davon, ob sie ihre Kapitaleinkünfte ehrlich versteuern“. Viele hätten inzwischen das Gefühl, “in einem Überwachungsstaat zu leben“. Ähnlich sieht es Gerhard Geckle, Steuerfachanwalt in Freiburg. “Wenn der Sparerfreibetrag 2007 quasi halbiert wird, wird die Nervosität der Bankkunden noch weiter zunehmen.”

Der Chef des Genossenschaftsverbandes Bayern zeigte sich davon überzeugt, dass der Abfluss möglicherweise sogar noch deutlich über den ermittelten 350 Millionen Euro liegt, da zum einen nicht alle Kreditgenossenschaften an der Umfrage teilgenommen hätten und zum anderen den Genossenschaftsbanken nicht alle Fälle bekannt seien.

Während wenige Kilometer jenseits der deutschen Grenze das Bankgeheimnis Verfassungsrang hat, haben bei uns staatliche Behörden ungehindert Einblick in Bankkonten. Dass die Kunden da verunsichert werden und ihr weißes Geld ins Ausland bringen, verwundert nicht“, sagte Götzl.

Finanzämter und andere Behörden wie Sozialämter oder Arbeitsagenturen können seit April elektronisch innerhalb kürzester Zeit sämtliche Konten und Depots eines Bürgers in Deutschland ermitteln.
Den Kontostand erfahren die Ämter dabei zunächst zwar nicht; ergibt sich aber ein Verdacht, dürfen sie ihre Abfrage erweitern. Früher durften solche Abfragen nur bei Anhaltspunkten für eine Straftat erfolgen. Nun genügt es, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass eigene Ermittlungen nicht zum Erfolg führen würden. Das hat viele Anleger verunsichert.

Einige ausländische Nachbarn legen dagegen großen Wert auf das Bankgeheimnis. Die seit 1. Juli gültige Zinsrichtlinie, nach der sich die EU-Staaten gegenseitig über die Zinseinkünfte ihrer Bürger informieren müssen, wird in Belgien, Österreich, Luxemburg und im Nicht-EU-Land Schweiz nicht angewendet.
Diese Staaten behalten stattdessen von den Zinseinkünften ausländischer Kunden eine Quellensteuer in Höhe von zunächst 15 Prozent ein. Diese kann der Steuerzahler in seinem Heimatland mit seiner Steuerschuld verrechnen. Nach Angaben des Steuerexperten Daragan lässt sich die Zinsrichtlinie jedoch “mühelos unterlaufen. Die steht doch nur auf dem Papier“, sagte der Experte.

Laut dem Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, fließen jedes Jahr zehn Milliarden Euro von deutschen auf ausländische Konten und Depots.

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Klaus J. P.-Kilfitt


Sonntag, 18. Dezember 2005

Verbraucherschützer warnen vor Rürup-Rente

Der Verkauf der Rürup-Rente lief bei den Versicherern schleppend an, erlebte im dritten Quartal aber einen deutlichen Aufschwung. Doch Verbraucherschützer warnen vor den Tücken des neuen Produkts.

Bis Ende September diesen Jahres verkauften die Versicherer 100.000 Rürup-Policen. Das war ein Anstieg von 100 Prozent gegenüber dem Stand von Ende Juni. Dennoch gestaltet sich der Absatz des Produktes weiterhin schwierig. Die Branche verweist auf den noch geringen Bekanntheitsgrad der erst im Januar 2005 eingeführten Rente. Zudem müssten die eigenen Mitarbeiter auch erst einmal im Umgang mit der neuen Altersvorsorge geschult werden.

Verbraucherschützer dagegen beurteilen die Rürup-Rente per se als Problem. “Wir hoffen, dass nicht nur die allgemeine Reserviertheit gegenüber Altersvorsorge die Bürger vom Abschluss einer Rürup-Rente abhält, sondern dass sie die inhaltlichen Tücken dieses Produkts erkannt haben“, sagte Peter Grieble, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. “Meiner Meinung nach müsste der Gesetzgeber an der Rürup-Rente Nachbesserungen mit der Motorsäge und nicht nur mit einem Nagelfeilchen vornehmen.

Die “Rürup-Rente”, die offiziell als “Basisrente” bezeichnet wird, ist wie die “Riester-Rente” eine staatlich subventionierte Altersvorsorge. Die Struktur der gebotenen Steuervorteile macht sie vor allem für Selbstständige mit einer relativ hohen Steuerbelastung sowie für besser verdienende Arbeitnehmer interessant. Die Basisrente wird frühestens ab dem 60. Lebensjahr als lebenslange Leibrente ausgezahlt.

Rente ist weder kapitalisierbar noch vererbbar oder beleihbar
Verbraucherschützer kritisieren heftig, dass die Rürup-Rente, ganz im Gegensatz zur Riester-Rente, weder kapitalisierbar noch vererbbar oder beleihbar ist. “Außerdem ist es sehr schwierig, den Anbieter zu wechseln, wenn der Vertrag einmal abgeschlossen ist“, sagte Wolfgang Scholl, Versicherungsexperte bei der Bundesverbraucherzentrale. “Der Anbieter muss dem Kunden dann nämlich das eingezahlte Kapital nicht mitgeben. Der Verbraucher ist ihm also auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Grieble von der Verbraucherzentrale in Stuttgart sieht unter anderem auch in der möglichen Doppelbesteuerung durch die Rürup-Rente ein Problem. Durch das Anfang 2005 eingeführte Alterseinkünftegesetz wurde die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Danach sind Einkünfte aus Renten künftig in voller Höhe der Einkommenssteuer unterworfen, die Aufwendungen zum Erwerb des Rentenanspruchs werden jedoch durch den Sonderausgabenabzug einkommenssteuerlich frei gestellt. In einer Übergangsfrist bis 2025 sind die Beiträge zur Rürup-Rente aber nur begrenzt steuerlich absetzbar – im Jahr 2005 sind es 60 Prozent oder maximal 12.000 Euro für einen Single. Ab dem Jahr 2040 werden aber 100 Prozent der ausgezahlten Rente steuerpflichtig sein. “Junge Leute, die jetzt eine Rürup-Rente abschließen, könnten dadurch doppelt besteuert werden“, sagte Grieble.

Günstigerprüfung muss beachtet werden
Zudem seien die aus der Rürup-Rente entstehenden Vor- oder Nachteile derzeit viel zu schwer zu verstehen. “Da braucht man ja ein richtiges Rechenprogramm“, sagte Grieble. So müssten Selbstständige stets die Günstigerprüfung im Auge behalten, die das Finanzamt automatisch für sie durchführt. Sie können nämlich nur dann ihre Beiträge zur Rürup-Rente steuerlich geltend machen, wenn ihre steuerlich anrechenbaren Vorsorgeaufwendungen in diesem Jahr die Aufwendungen vom Vorjahr übersteigen.

Koppelung an Zusatzprodukte ist im Trend
Skeptisch beurteilen die Kritiker vor allem auch die Koppelung der Rürup-Rente mit einer Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherung, wie sie viele Versicherer anbieten. Der Gesetzgeber hat nämlich gestattet, dass bis zu 49 Prozent des Rürup-Beitrags in andere Vorsorgeprodukte fließen können und dann ebenfalls steuerlich begünstigt werden. Verbraucherschützer Scholl rät zu einer strikten Trennung von Alters- und Risikovorsorge. Würde ein Verbraucher nämlich illiquide und könnte seinen Rürup-Beitrag nicht mehr zahlen, dann verfiele automatisch auch seine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Zudem seien die Auszahlungen aus einer gekoppelten BU mitunter sehr niedrig. Auch Grieble beurteilt die Koppelung negativ und sieht sie nur als eine Lockmöglichkeit der Versicherer: “Die BU ist ein Türöffner, gerade bei Akademikern. Die finden die Altersvorsorge nicht ganz so interessant.

Wir empfehlen prinzipiell eine Trennung von Sparprodukten und Risikovorsorgeprodukten“, sagte auch die Sprecherin des Versicherers CosmosDirekt, die seit Mitte dieses Jahres die Rürup-Rente ohne jegliche Koppelung anbietet. Langfristig werde der Versicherer jedoch womöglich ebenfalls eine BU zusammen mit der Basisrente ins Produktsortiment aufnehmen. “Das ist eine Frage der Nachfrage“, sagte die Sprecherin.

Die Mitgliedsunternehmen des Bundesverband procon e.V., der seine Empfehlungen im Gegensatz zu Produktanbietern nicht von der Nachfrage abhängig macht, rät hingegen eindeutig von derartigen Kopplungsmodellen ab.

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Klaus J. P.-Kilfitt