Die seit 1. April
in Deutschland erlaubte Kontenabfrage durch Finanzämter und andere
Behörden hat nach Angaben von Bankenverbänden zu einer verstärkten
Kapitalflucht aus Deutschland geführt.
Nach den Erkenntnissen des Genossenschaftsverband Bayern (GVB) wandern inzwischen nicht mehr nur große Vermögen ab. “Die
Kapitalflucht geht quer durch alle soziale Schichten und hat ein
erschreckendes Ausmaß erreicht. Die Folgen des im April 2005 faktisch
abgeschafften Bankgeheimnisses sind dramatisch“, sagte der Präsident
des Genossenschaftsverbandes Bayern, Stephan Götzl. Auch bei den
Sparkassen heißt es, dass mittlerweile von Kunden bereits Sparbüchern
mit weniger als 10.000 Euro ins Ausland transferiert würden.
Nach einer Umfrage des
GVB sind alleine bei 140 bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
seit Anfang des Jahres Einlagen von etwa 350 Millionen Euro ins
benachbarte Ausland abgeflossen. Auch die Sparkassen verzeichneten einen
Abfluss in dreistelliger Millionenbereich, sagte Siegfried Naser,
Präsident des Sparkassenverbands Bayern.
Betroffen seien dabei vor
allem die Institute im Grenzland zu Österreich, heißt es. Eine genaue
Statistik über die Kapitalflucht gibt es aber weder bei den bayerischen
Sparkassen noch für ganz Deutschland. Auch die privaten Banken klagen
über einen Exodus der Kunden. Günther Picker vom Bayerischen Bankenverband verwies auf Schätzungen, nach denen alleine in Österreich deutsches Kapital in Höhe von 50 Milliarden Euro angelegt ist.
Steuerfachanwälte berichten ebenfalls von einer verstärkten Bereitschaft, Geld aus Deutschland abzuziehen. “Die Kapitalflucht hat sich verstärkt. Was wir jetzt sehen, ist aber erst der Anfang, viele werden noch weggehen“, sagte der Bremer Steuerfachanwalt Hanspeter Daragan.
Anleger sind verunsichert
Die Gespräche mit seinen Mandaten zeigten ihm, “dass
zahlreiche Bürger sich einfach nicht in die Karten schauen lassen
wollen, unabhängig davon, ob sie ihre Kapitaleinkünfte ehrlich
versteuern“. Viele hätten inzwischen das Gefühl, “in einem Überwachungsstaat zu leben“. Ähnlich sieht es Gerhard Geckle, Steuerfachanwalt in Freiburg. “Wenn der Sparerfreibetrag 2007 quasi halbiert wird, wird die Nervosität der Bankkunden noch weiter zunehmen.”
Der Chef des
Genossenschaftsverbandes Bayern zeigte sich davon überzeugt, dass der
Abfluss möglicherweise sogar noch deutlich über den ermittelten 350
Millionen Euro liegt, da zum einen nicht alle Kreditgenossenschaften an
der Umfrage teilgenommen hätten und zum anderen den
Genossenschaftsbanken nicht alle Fälle bekannt seien.
“Während wenige
Kilometer jenseits der deutschen Grenze das Bankgeheimnis
Verfassungsrang hat, haben bei uns staatliche Behörden ungehindert
Einblick in Bankkonten. Dass die Kunden da verunsichert werden und ihr
weißes Geld ins Ausland bringen, verwundert nicht“, sagte Götzl.
Finanzämter und andere
Behörden wie Sozialämter oder Arbeitsagenturen können seit April
elektronisch innerhalb kürzester Zeit sämtliche Konten und Depots eines
Bürgers in Deutschland ermitteln.
Den Kontostand erfahren
die Ämter dabei zunächst zwar nicht; ergibt sich aber ein Verdacht,
dürfen sie ihre Abfrage erweitern. Früher durften solche Abfragen nur
bei Anhaltspunkten für eine Straftat erfolgen. Nun genügt es, wenn die
Behörde der Ansicht ist, dass eigene Ermittlungen nicht zum Erfolg
führen würden. Das hat viele Anleger verunsichert.
Einige ausländische
Nachbarn legen dagegen großen Wert auf das Bankgeheimnis. Die seit 1.
Juli gültige Zinsrichtlinie, nach der sich die EU-Staaten gegenseitig
über die Zinseinkünfte ihrer Bürger informieren müssen, wird in Belgien,
Österreich, Luxemburg und im Nicht-EU-Land Schweiz nicht angewendet.
Diese Staaten behalten
stattdessen von den Zinseinkünften ausländischer Kunden eine
Quellensteuer in Höhe von zunächst 15 Prozent ein. Diese kann der
Steuerzahler in seinem Heimatland mit seiner Steuerschuld verrechnen.
Nach Angaben des Steuerexperten Daragan lässt sich die Zinsrichtlinie
jedoch “mühelos unterlaufen. Die steht doch nur auf dem Papier“, sagte der Experte.
Laut dem Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, fließen jedes Jahr zehn Milliarden Euro von deutschen auf ausländische Konten und Depots.
Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout
Klaus J. P.-Kilfitt
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