Der Gesetzentwurf zur Vermittlung von Versicherungen ist nach Ansicht von Verbraucherschützern eine Farce.
Versicherte werden demnächst intensiver vor
unseriösen Geschäftspraktiken und unvorteilhaften Vertragsabschlüssen
besonders geschützt. Das ist zumindest die Absicht, die hinter der im
kommenden Frühjahr Gesetz werdenden neuen Richtlinie für die Vermittlung
von Versicherungen steht.
Ob und wie dieses Ziel erreicht wird, bleibt nach
Ansicht vieler Experten offen. Zu vage seien die Formulierungen und zu
niedrig die Anforderungen an die in diesem Markt verantwortlichen
Personen.
Ausgangspunkt der Initiative ist eine EU-Richtlinie,
die in Brüssel im Dezember 2002 beschlossen wurde und in nationales
Recht bis zum 15. Januar 2005 umgesetzt werden sollte. Wegen Überziehung
des Termins hat die Europäische Kommission der Bundesregierung mit
Klage gedroht und eine Frist bis Anfang 2007 gegeben. Ende Juni dieses
Jahres fand im Bundestag eine erste Lesung des Gesetzentwurfes statt,
nachdem eine Anhörung von Fachleuten zum Thema erfolgt war. Wie die
neuen Regeln ausformuliert werden, obliegt nun den Ausschußgremien.
Unterdessen laufen nicht nur Verbraucherschützer Sturm gegen die Paragraphen. Gerhard Frieg, Vorstand einesHeidelberger Finanzdienstleisters, sieht nicht den ursprünglichen Sinn der Maßnahme erfaßt. Frieg sagt: “Das Ziel, den Verbraucherschutz zu erhöhen, wird in weiten Teilen des Marktes nicht erreicht.”
So müßten nach aktuellem Stand bei Versicherungsgesellschaften
angestellte Vermittler keine Sachkundeprüfung vorweisen. Dies sei für
die zu Versichernden nicht akzeptabel und außerdem eine sehr einseitige
Regelung. Gerade mit angemessener Qualifikation und Ausbildung steige
die Qualität insgesamt.
Gleiches gelte für Mitarbeiter von
Vertriebsgesellschaften, wenn diese im Auftrag eines einzigen
Unternehmens unterwegs sind. Bei ihnen wie auch bei festangestellten
Vertretern der Versicherer müssen Auftraggeber eine ausreichende
Qualifikation nur intern sicherstellen. Überprüfen soll dies die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wolfgang Scholl, Referent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV), hält dies für utopisch: “Dazu ist die BaFin personell überhaupt nicht in der Lage.”
Frieg schätzt, daß allein auf diesem Weg rund 300 000 Vermittler durchs
vorgeschriebene und dringend benötigte Ausbildungsraster fallen.
Auch wer als Makler oder Mehrfachagent Policen
unterschiedlicher Anbieter vermittelt, muß sich qualifizieren. Das
Gesetz sieht eine Orientierung an der Berufsausbildung zum
Versicherungsfachmann der Deutschen Versicherungswirtschaft vor. Doch
diese Vorschrift wird für einen Bruchteil aller Betroffenen relevant.
Mit dem 31. August 2000 ist ein für viele Beteiligte sehr komfortabler
Stichtag vorgesehen. Schon zu diesem Zeitpunkt aktive Vermittler müssen
nicht die Qualifikation erbringen.
Einen Nachweis für wirkliches Können verleiht der
Status eines Versicherungsfachmanns ohnehin nicht. Dafür vorgesehene 222
Unterrichtsstunden entsprechen bei einem Sechs-Stunden-Tag eines
Gymnasiasten ganzen 37 Schultagen. Edda Müller, Vorstand beim VZBV,
sagt: “Auch künftig sind die Qualifikationsvoraussetzungen an einen
Friseur wesentlich höher als an Versicherungsvermittler, die
Lebensversicherungen über mehrere 100 000 Euro verkaufen.”
Aus Sicht das Bundesverband verbraucherorientierter Wirtschaftsberatungsunternehmen – procon e.V.,
der sich schon seit 1996 für eine vernünftige Qualifikation der
handelnden Personen stark macht und wesentlich zur Schaffung eines
brancheneinheitlichen und öffentlich-rechtlich abgesicherten
Berufsbildes beigetragen hat, eine mehr als traurige Entwicklung.
Viel Freude
bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout
Klaus J. P.-Kilfitt
procontra© - kritische Informationen für aufgeklärte Verbraucher
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