Mittwoch, 9. August 2006

Reithinger Bank: Bankschließung nur der Anfang

Die Lage der Singener Privatbank Reithinger ist ernster als angenommen. Wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der Presse mitteilte, sollte das Institut bis zum 1. Januar 2008 heimlich liquidiert werden. Solange hätte Reithinger ahnungslosen Kunden Geld aus der Tasche ziehen können.


Das Schröpfen der Kunden hatte die BaFin mit der Schließung der Bank am vergangenen Mittwoch verhindert. Der Grund dafür sei nicht nur der Jahresverlust gewesen, sondern die mangelnde Fortführungsprognose und die Verstrickung in das unübersichtliche Firmengeflecht des Bankeigners Klaus Thannhuber, erklärte die Behörde.


Das Institut mit einer Bilanzsumme von rund 200 Mill. Euro hatte bereits 2003 und 2004 Verluste in Höhe von rund 2,7 Mill. Euro beziehungsweise 1,3 Mill. Euro geschrieben. Auch für 2005 kündigte es rote Zahlen an.


Nach der Schließung des Bankhauses bangen seit Tagen die von der Schließung betroffenen Anleger um ihre Einlagen. Keiner weiß, wie es weiter geht oder ob man von den Guthaben was wieder sieht. Die Kunden stehen vor verschlossener Tür.


Die Einlagen sind durch die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) in Höhe von 90% der Einlagen maximal bis zu 20.000 Euro abgesichert. Vorraussetzung ist die Feststellung, dass der Entschädigungsfall eingetreten ist durch die BaFin. Danach erfolgt nach den bisherigen Erfahrungen – unter anderem mit der letzten Bankenpleite der BFI Bank AG in Dresden – eine zügige Regulierung.


Mit dem nicht entschädigten Betrag würden die Kunden als Gläubiger im Insolvenzverfahren teilnehmen. Denn trotz der vielfachen Behauptungen seitens des Bankhauses Reithinger ist nach Lage der Dinge mit einer Insolvenz zu rechnen. Eine Bank, der von der Aufsichtsbehörde die Geschäfte untersagt wurden, kann schließlich kein Geld verdienen.


Größere Angst müssen jedoch die Kunden mit Kreditverbindlichkeiten haben. Diese haben sich in der Regel mit einem Kredit der Bank eine Beteiligung an einem der vielfältig aufgelegten und häufig von der Turgut-Truppe IFF AG – vormals Futura Finanz – vertriebenen Fonds finanziert. Die Futura Finanz geriet schon oft in den Blick der Öffentlichkeit durch den Vertrieb so zweifelhafter Produkte wie des MSF Master Star Funds oder Produkte der Frankonia und der Göttinger Gruppe.


Nach Mitteilung von Insidern hat die Vermittlerfirma bei bekannt werden der Probleme beim MSF die Verträge auf Produkte der Reithinger Bank umgedeckt. An sich stellt das ein legitimes Vorgehen dar- hätten sich die Vermittler nicht im gleichen Atemzug einen „Persil-Schein" geben lassen. Das heißt, die Kunden sollten eine Haftungsfreistellung für eventuelle Falschberatung unterschreiben.


Durch diesen Schachzug der Turgut-Truppe, dürfte die Mehrzahl der Kunden nun vom Regen in die Traufe gekommen sein.
Denn wer nun einen Kredit bei der Bank hat, muss damit rechnen, seitens der Bank oder dem Insolvenzverwalter auf vollständige Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden. Aufgrund der erheblichen Wertverluste der Fondsbeteiligungen dürfte eine Umschuldung schwierig bis aussichtslos sein.


Da der Bank jedoch aufgrund der Doppelrolle des Inhabers Thannhuber, der oft als Fondsinitiator in Erscheinung trat, ein überlegenes Wissen unterstellt werden kann, könnten berechtigte Schadensersatzansprüche dem Zahlungsbegehren entgegengehalten werden. Hier empfiehlt sich auf jeden Fall, einen geeigneten Rechtsanwalt mit der Prüfung des Sachverhalts zu beauftragen.


Viele der Fonds an denen sich die Anleger für teueres Geld beteiligt hatten, haben Schuldverschreibungen der Reithinger-Bank erworben. Diese sind nach derzeitigem Stand jedoch wertlos.


Betroffen sind hauptsächlich Anleger, die in die von Thannhuber gegründete Deutsche Beamtenvorsorge Immobilienholding AG (DBVI) inverstiert haben, als auch diejenigen, die Beteiligungen am Multi Advisor Funds I GbR (MAF) oder Capital Advisor Funds II GbR (CAF) halten.
Auch die Kunden, die direkt Inhaberschuldverschreibungen der Reithinger-Bank erworben haben, dürften diese abschreiben können. Hilfreich wären allenfalls Schadensersatzansprüche, die geltend gemacht werden können.


Selbst die von der Bank angepriesenen "klassischen" Sparprogramme muten seltsam an. So verschwinden von den Einzahlungen innerhalb des ersten Jahres fast sämtliche Guthaben im Säckel der Bank. Begründet wurde dies mit Vertriebs- und anderen Kosten. Die Verbraucherzentrale Hamburg warnte bereits im Jahre 2005 vor diesem Produkt, da ein Großteil der eingezahlten Gelder der Bank zugute kamen. Die staatlichen Zuschüsse in Verbindung mit den oft in diesen Produkten investierten vermögenswirksamen Leistungen würden wirkungslos verpuffen, da die anfallenden Kosten die Zuschüsse zumeist übersteigen.


Zahlreiche Experten, wie der Vorstand des Bundesverband verbraucherorientierter Wirtschaftsberatungsunternehmen - procon e.V., Herr Klaus J. Pitter-Kilfitt, warnten bereits seit 1999 vor den von der Futura-Finanz angebotenen Beteiligungen sowie den DBVI-Fonds.


Die zweifelhaften Geschäfte des Klaus Thannhuber, die nun zur Schieflage der Privatbank Reithinger geführt haben, hätten möglicherweise früher gestoppt werden können. Anzeigen wegen des Verdachts auf Anlagebetrug gab es schon seit mindestens zwei Jahren. Doch einige bayerische Besonderheiten haben dazu geführt, daß die Verfahren frühzeitig eingestellt wurden.


Für die Betroffenen hat das zögerliche Verhalten der Behörden nun erhebliche finanzielle Folgen. Den rund 65.000 Kunden der Bank und erst recht denen, die Geld in die DBVI-Fonds investiert haben, drohen nun empfindliche Verluste bis hin zum Totalverlust ihrer Einlagen.


Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout

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