Dienstag, 12. Dezember 2006

Offene Immobilienfonds: Nichts dazugelernt!

Heute jährt es sich zum ersten mal, dass die Deutsche Bank die Aussetzung der Anteilsrücknahme für den grundbesitz-invest vermeldete. Einen solchen Vorgang hatte es in der Geschichte der offenen Immobilienfonds nie zuvor gegeben. Verschärft wurde die massive Enttäuschung der Anleger, weil kaum jemand wusste, dass überhaupt eine gesetzliche Grundlage dafür existiert, die eine bis zwei Jahre andauernde Rücknahmeaussetzung erlaubt. Über diese – bei Investmentfonds, deren Fungibilität ja eines der wesentlichen Verkaufsargumente ist, sicherlich elementare Grundlage – wurden die Kunden nämlich so gut wie nie aufgeklärt.


Zusätzlich erregte die Gemüter, dass die Deutsche Bank quasi der "Ersttäter" war, und dass ihr Vorstandsvorsitzender Josef Ackermann ein Hilfsprogramm für den Fonds schlichtweg verweigerte – wohl, um sein Eigenkapitalverzinsungsziel von mindestens 25 Prozent auf keinen Fall zu gefährden. Mit dieser Entscheidung stürzte er die gesamte Anlageform in eine tiefe Krise.


Wer sich etwas genauer mit dem Thema 'Offene Immobilienfonds' beschäftigt hatte, wusste jedoch: Die erstmalige Aussetzung der Anteilsrücknahme war durchaus nicht der eigentliche Beginn der Krise. Sie war allenfalls die Zuspitzung einer bereits seit Jahren erkennbaren Abfolge von Problemen und bedenklichen Vorgängen.
Den ersten Fall stellte ein vor Jahren erfolgter Verkauf von Immobilien innerhalb zweier Schwesterfonds dar: Damals verkaufte die Fondstochter der HypoVereinsbank (HVB), iii-Investments, Objekte vom liquiditätsmäßig ausgebluteten Fonds Nr. 1 an den im Grunde ebenso liquiditätsschwachen Fonds Nr. 2. Kein fremder Dritter wäre bereit gewesen, sie zu den völlig utopischen Buchwerten zu kaufen.
Ebenfalls vollkommen intransparent und fragwürdig gestaltete sich wenig später der Verkauf von Objekten aus dem Grundwert-Fonds der DEGI an die Allianz. Auch hier stellte sich die Frage, warum nur der Mutterkonzern und nicht ein fremder Dritter bereit war, zum Buchwert zu kaufen.


Beim DEKA-Skandal änderte sich zumindest die mangelhafte Kommunikation: Ausgelöst durch den Frankfurter Immobilienskandal wurden beim Deka-Immobilienfonds ganz klar massive Fehlbewertungen eingeräumt. Nur durch Anteilskäufe in den Eigenbestand und die Übernahme von falsch bewerteten Immobilien konnte die Deka-Bank eine Anteilsaussetzung verhindern.
Ähnliches gilt für den nächsten Fall, den Verkauf von Objekten des Fonds Euro ImmoProfil – entstanden aus der Zusammenlegung von iii-Fonds Nr. 1 und 2 – an das Mutterhaus. Nachdem die Objekte zum Buchwert übernommen worden waren, teilte die HVB ihren Aktionären lapidar mit, sie müsste fast die Hälfte des Kaufpreises von rund einer halben Milliarde Euro abschreiben.
Der zeitlich letzte Fall vor der erstmaligen Rücknahmeaussetzung durch die Deutsche Bank betraf die DIFA. Hier kam es ebenfalls zu Stützungskäufen von Anteilen am DIFA-Fonds Nummer 1 durch die Genossenschaftsorganisation. Wären die Immobilien marktgerecht bewertet gewesen, hätte die notwendige Liquidität problemlos durch Liegenschaftsverkäufe geschaffen werden können. Vor allem, weil sich die Liquiditätsverknappung wegen des kontinuierlichen Mittelabflusses schon lange vorher abgezeichnet hatte.


Alle vorstehend geschilderten Problemfälle haben eines gemeinsam: Die Immobilien in den Fonds konnten innerhalb von Monaten nicht zum gutachterlich bestätigten „Verkehrswert" am freien Markt verkauft werden, weil sie nicht marktgerecht bewertet waren. Auch zahlreiche andere Indizien – wie z.B. ein zu hoher durchschnittlicher Ertragswertfaktor - untermauerten die These von Fehlbewertungen. Folglich hätte seit Jahren über die tatsächliche Unabhängigkeit der Gutachter diskutiert werden müssen. Bis heute wurde am System der Auftragserteilung durch das Fondsmanagement jedoch nichts geändert!


Bis auf einen Fall haben also alle kleinen und großen Krisen dieser Fondsbranche in den vergangenen Jahren die gleiche Ursache.
Nur die vorübergehende Fondsschließung der beiden KanAm-Fonds waren nicht durch mögliche Fehlbewertungen ausgelöst worden. Hier lag es an Managementfehlern bei der Liquiditätssteuerung. Zu hohe Investitionsquoten ließen nur unzureichend Spielraum für mögliche Anteilsrückgaben. Unregelmäßigkeiten bei Mills, dem KanAm-Partner und Betreiber von Fondsobjekten, führten beim US-grundinvest zu plötzlichen Anteilsrücknahmen, die schließlich nicht mehr bedient werden konnten. Davon betroffen wurde auch der große Schwesterfonds KanAm grundinvest, obwohl er keine Mills-Immobilien im Bestand hatte, dafür aber ebenfalls eine extrem hohe Investitionsquote.


Der einzig glaubwürdiger Ausweg, den Vorwürfen möglicher Fehlbewertungen entgegenzutreten, ist eine Erhöhung der Transparenz. Das betrifft zum einen Objektankäufe. Um wie viel höher ist der gutachterliche Verkehrswert gegenüber dem Kaufpreis? Tunen fragwürdige Einwertungsgewinne die Fondsperformance? Wichtige Fragen, die nur zu beantworten sind, wenn sowohl der Kaufpreis als auch die Erwerbsnebenkosten und der erste Buchwert aufgezeigt werden. Zum anderen muss der Objektbestand offensichtlich sein. Wie hoch ist die Miete pro Objekt und zu welchem Verkehrswert stehen die einzelnen Immobilien in den Büchern? Ist der Ertragswertfaktor damit plausibel? Welche Liegenschaften wurden auf- beziehungsweise abgewertet? Bei gravierenden oder dem allgemeinen Marktzyklus entgegenlaufenden Buchwertveränderungen wären zudem Begründungen erforderlich.


Als vor einigen Monaten die Krise auf ihrem Höhepunkt war, kündigte der BVI stellvertretend für die gesamte Branche ein umfassend angelegtes Reformpaket an. Dazu zählte ein anfänglich leider nur sehr vage definiertes Versprechen von mehr Transparenz. So führten die Verbands- und Branchenvertreter in verschiedenen Gesprächen und Diskussionen das Informationsniveau der Berichte aus dem Hause der Deutschen Bank stets als Minimum an. Nachdem die Krisenstimmung bis zur Definition der Kriterien jedoch verflogen war, wurde nicht einmal dieses umgesetzt.


Offenbar reichen die vielen Krisen nicht, um die Bereitschaft für eine strukturelle Reform zu schaffen. Insbesondere die Transparenz wurde so gut wie überhaupt nicht verbessert.
Ebenfalls nicht ausreichend sind die angedachten Maßnahmen zur Steigerung der Unabhängigkeit von Gutachtern.
Enttäuschend ist auch die fehlende Differenzierung einzelner Fonds hinsichtlich ihrer Investitionsstrategie und den daraus resultierenden Risiken. Für den BVI besteht weiterhin nur eine einzige Kategorie 'Offene Immobilienfonds'. Wie soll da ein Anleger die völlig unterschiedlichen Investitionskonzepte und Risikoansätze verstehen?


Ansätze für Kritik gibt es also an allen Ecken und Enden. Es gibt zahlreiche Themen, an denen dringend gearbeitet werden müsste.
Eine der vorgenannten Ursachen wird in zwei, vielleicht auch drei Jahren eine erneute Krise auslösen. Ist dann nicht zufällig erneut ein idealer Zeitpunkt, seine Anteile zu verkaufen, könnte eine noch viel größere Anteilsrückgabewelle entstehen – wiederum mit verheerenden Folgen für die Anleger.


Der Bundesverband procon e.V. verweist schon seit Jahren auf die - von den Anbietern zumeist unter den Tisch gekehrten - Risiken bei Offenen Immobilienfonds.


Viel Freude bei der Vermehrung der gewonnenen Einsichten,
wünscht Ihnen Ihr Finanzscout


Klaus J. P.-Kilfitt


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